Presseerklärung:
Zu den Angriffen des Frankfurter Stadtkämmerers Uwe Becker (CDU)
auf den Club Voltaire
Frankfurt, den 23. Oktober 2019: Am 15. 10. 2019 fand eine Podiumsdiskussion zum Thema „
Meinungsfreiheit statt Zensur von oben“ statt, die von IPPNW organisiert und von ATTAC, dem
Palästina-Forum und dem Club Voltaire mitgetragen wurde. Das
Anliegen bestand darin, Mechanismen zu kritisieren, mit denen in
jüngerer Zeit die Arbeit von links orientierten Organisationen und
Einrichtungen erschwert oder behindert wird. Dazu zählt z. B. die
Aberkennung der Gemeinnützigkeit, wenn diese eingesetzt wird, „
um
die politische Willensbildung und die öffentliche Meinung im Sinne
eigener Auffassungen zu beeinflussen“ (BFH-Urteil).
Davon sind
bislang ATTAC und jüngst Campact betroffen. Dazu zählt auch die
Verhinderung von öffentlichen Meinungsäußerungen mit der
Behauptung, die Veranstalter würden Argumente der BDS-Bewegung
zulassen bzw. ihnen nicht genug entgegentreten.
Mit dem letztgenannten Argument hat Herr Uwe Becker die Absage der
genannten Podiumsdiskussion verlangt und zunächst durchgesetzt. Die
Veranstalter IPPNW haben dies gerichtlich angefochten und Recht
bekommen; die Veranstaltung fand statt. Für Herrn Becker ist dies
nun der Anlass, die Einstellung der städtischen Förderung für den
Club Voltaire zu verlangen. Dies würde bedeuten, dass wir unsere
Arbeit in der bisherigen Form nicht weiterführen können.
Die Frankfurter CDU und speziell Herr Becker versuchen schon seit
vielen Jahren, dem Club Voltaire die städtischen Gelder zu
entziehen. Bisher wurde das mit dessen politischer Ausrichtung
begründet. Nunmehr meint man, ein überzeugenderes Argument gefunden
zu haben: den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom August
2017, in dem u. a. festgelegt wird, dass Vereine, „die mit ihren
Aktivitäten die antisemitische BDS-Bewegung unterstützen“ keine
Zuwendungen von der Stadt erhalten.
Dass sich
Frankfurt gegen Antisemitismus und andere Formen des
Rassismus wehrt, ist erfreulich und verdient Unterstützung. Der
BDS-Beschluss führt in seiner praktischen Anwendung aber dazu, dass
schon die Unterstellung, jemand unterstütze diese Bewegung,
ausreicht, um ihn an einem öffentlichen Auftritt zu hindern. Es
reicht sogar schon die Behauptung, jemand verbreite Argumente, die
auch von BDS-Aktivisten vertreten werden. Diese Argumentationsweise
hat Prof. Micha Brumlik, ehemaliger Leiter des
Fritz-Bauer-Instituts, als „neuen McCarthyismus“ bezeichnet.
Der Club Voltaire steht seit seiner Gründung 1962 für den Kampf
gegen Diskriminierung, Ausgrenzung und Rassismus. Wir haben den
Antisemitismus nie als erledigt angesehen, sondern immer auf die
Gefahr hingewiesen und Aktivitäten dagegen unterstützt. Gerade uns
eine zweideutige Haltung in dieser Frage zu unterstellen, grenzt an
Beleidigung. Unabhängig davon beanspruchen wir allerdings auch das
Recht, die Politik des
Staats Israel in den besetzten Gebieten
kritisch zu betrachten und zu diskutieren. Das gilt erst recht für
die aktuelle israelische Regierung, die sich unserer Meinung nach
nicht – wie im Beschluss der Stadtverordneten formuliert – „für
eine friedliche Lösung des Konflikts zwischen Israel und den
Palästinensern“ einsetzt.
Die Podiumsdiskussion der IPPNW, die der Club Voltaire mitgetragen
hat, sollte sich u. a. hiermit auseinandersetzen und hat das auch
getan. Die Angriffe der CDU und von Herrn Becker haben keine reale
Grundlage und werden von uns zurückgewiesen. Sie zeigen vielmehr,
dass das Thema „Meinungsfreiheit statt Zensur von oben“ sehr
aktuell ist.
2019-10-23_PM_UweBeckergreiftCVan am 12.11.19